Zwei Wochen Jamaika auf eigene Faust

«oder: Dem Pauschaltourismus (fast) entkommen»

Auf eigene Faust in einem Land, das von Hotelbunkern und Kreuzfahrttouristen dominiert wird? Geht das überhaupt? Wir haben es probiert und sagen: Ja, es geht. Mit Einschränkungen.

Nachdem wir Jamaika als unser nächstes Reiseziel bestimmt hatten, zeigte sich schon bei der Suche nach dem obligatorischen Reiseführer: Einfach wird das nicht. Auch bei der Auswahl der Unterkünfte stellten wir schnell fest, dass dieser Trip das eine oder andere Problem mit sich bringen könnte, denn auf Jamaika regiert der Pauschaltourismus. Und das ist so gar nicht unser Ding.

In diesem Artikel erzählen wir dir deshalb, wie wir unsere Rundreise (fast) alleine gemeistert haben.

Die Ankunft auf Jamaika

Alle….

… die ihren Jamaika Besuch in Montego Bay starten, landen entweder auch am dortigen Flughafen oder legen mit einem der riesigen Kreuzfahrtschiffe, die regelmäßig am Horizont erscheinen, am Hafen an. Egal auf welchem Weg du nach Jamaika kommst, wirst du entweder von einem Meer von Namensschildern am Flughafen oder einer Flut von Verkäufern am Pier begrüßt. Ein Cruise-Ship-Day ist für die Einheimischen nämlich eine große Sache. So versuchen sich Taxifahrer, Tour-Agenten und alle anderen, die etwas anzubieten haben, gegenseitig zu unterbieten. Die meisten, die keine Kabine auf einem Schiff zur Verfügung haben, werden bereits nach der Ankunft von ihrem wartenden Fahrer auf direktem Weg in den „Schutz“ der Hotelmauern gebracht.

Wir

…mussten nach der Landung auf Jamaika erst einmal ein wenig suchen, denn keiner der Fahrer hatte unseren Namen auf einem Schild… Naja, wir hatten ja auch nichts organisiert. Die Taxifahrer vor den Toren des Flughafens haben sich umso mehr gefreut, als Sie uns, mit unseren Rucksäcken bepackt, gesehen haben und sind uns entgegengestürmt. Auf dieser ersten Taxifahrt haben wir durch unseren Fahrer viel über die Insel, das Leben außerhalb der Touristenhochburgen und die Kriminalität gelernt. Mit der von uns eingeholten Erlaubnis hat er ein paar Umwege genommen, sodass wir gleich am ersten Tag die verschiedenen (auch weniger freundlichen und sehenswürdigen) Gesichter von MoBay vor Augen geführt bekamen.

Strand in Montego Bay

Die Unterkünfte

Alle

… großen Strandhotels sind Betonbunker (zugegeben: mit toller Aussicht), die hinter ihren Mauern so gut wie alles bieten, was sich der (Pauschal)Urlauber zum Entspannen wünscht. „All inclusive“ lauter die Devise in Montego Bay, so dass du am besten gar nicht erst auf die Idee kommst, dein Geld nach draußen zu tragen. Uns wurde erzählt, dass einige Hotels die Gäste sogar davor warnen, das Hotelanwesen zu verlassen, da sie sonst mit Sicherheit überfallen werden würden. Natürlich ist die Kriminalität auf Jamaika – wie in allen ärmeren Ländern – höher als bei uns, aber obwohl wir überall auf eigene Faust unterwegs waren, haben wir uns (fast) nie bedroht gefühlt. (Zum „fast“ kommen wir aber später.)

Wir

…haben, naiv wie wir waren, in den drei Städten Montego Bay, Negril und Port Antonio zuerst nach Hostels Ausschau gehalten, mussten jedoch schnell feststellen, dass wir da wohl kein Glück haben werden. Die wenigen Angebote, die „Hostel“ in ihrer Beschreibung stehen hatten, waren entweder zu weit weg oder aber so heruntergekommen, dass wir uns letztendlich für „normale“ Unterkünfte entschieden haben.

Im Gegensatz zu Port Antonio und Negril, wo die Auswahl am größten war, hat die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz in Montego Bay einiges an Zeit gekostet. Der Meerblick vom Balkon des sehr einfachen Zimmers war die Suche dann aber tatsächlich wert.

Montego Bay, Jamaika

In Negril wohnten wir sogar direkt an den Klippen in einem kleinen Bungalow mit Kochplatte und Hängematte. Unser Highlight war aber definitiv das Canopi Hotel in Port Antonio. Es lag mitten im Urwald an der malerischen Blauen Lagune.

Blick auf das Meer in Negril

Im jamaikanischen Dschungel

Wie du siehst, rentiert sich die aufwändige Recherche, denn abseits der All-Inclusive-Clubs bietet Jamaika sehr besondere Schlafgelegenheiten, welche einfach nur gefunden werden wollen.

Transport auf der Insel

Alle…

…die sich ein paar Wochen Strandurlaub gönnen, wechseln, Dank der unzähligen Ausflugsangebote der Hotels und Kreuzfahrtagenturen, nur selten mehr als einmal den Aufenthaltsort. Für die Tagesausflüge in die anderen Urlaubsorte stehen dann wieder die Großraumtaxis bereit, die aber natürlich sehr überteuert sind. Das ist zwar die bequemste Art der Fortbewegung, aber bei weitem nicht die spannendste.

Wir…

…wollten von Montego Bay im Nord-Westen zuerst nach Negril ganz im Westen und schließlich nach Port Antonio, weit am östlichen Ende der Insel. Als günstige Alternative zu den Taxis, die unserer Meinung nach zu wenig promotet wird, haben wir uns für Fahrten mit den Überlandbussen des Knutsford-Express entschieden.   Die diversen Busfahrten auf unseren bisherigen Reisen waren zum Teil wirklich gewöhnungsbedürftig und so sind wir mit gemischten Gefühlen zum Busbahnhof gelaufen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass diese Fernbusse die luxuriöse Alternative zu den Standardbussen sind und wir tatsächlich überrascht waren, wie bequem wir für ca. 20 Euro vorangekommen sind. Die Buchung haben wir spontan und unproblematisch einige Tage vorher via Internet vorgenommen. Aber Achtung, denn einige Buslinien werden nur 1 bis 2 Mal täglich befahren, so dass die 45 Plätze, gerade am Wochenende, schnell weg sind.

An Bord gab es sogar TV-Unterhaltung, wir haben uns aber lieber die vorbeiziehende Landschaft angesehen.

Die Küste Jamaikas

Sightseeing

Alle…

…die mehr von der Insel sehen möchten, werden mit Freude von jedem, der ein größeres Auto hat, zu all den – mal mehr mal weniger interessanten – Sehenswürdigkeiten gefahren. Und das zu mehr oder weniger verhandelbaren Preisen. Hast du also keine Touren vorgebucht, wirst du kaum um einen privaten Fahrer herumkommen. Außer du fährst selbst.

Wir

…haben das Fahren selbst ausprobiert. Öfter mal was riskieren und so. Ein eigenes Auto kannst du in Montego Bay und Kingston anmieten, da wir im ersten Ort aber nur ein paar Tage und im zweiten Ort überhaupt nicht waren, haben wir uns einen Roller gemietet. Wie immer schwebte uns nämlich der Traum vom selbstständigen Erkunden der Insel und Ihren Geheimnissen vor, aber das war leichter gesagt als getan. Nachdem außer den Ortskundigen so gut wie niemand selber fährt, lässt nämlich auch die Beschilderung zu wünschen übrig. Wie oft standen wir an Kreuzungen und mussten uns zwischen zwei bis drei in den Karten nicht (!) aufgeführten Straßen entscheiden.

Dementsprechend lange dauerten die Fahrten, was insbesondere auch an den furchtbaren Straßenverhältnissen lag. Das Klima, die vielen wasserfallartigen Regenfälle und das fehlende Budget führten/führen dazu, dass die Straßen von Schlaglöchern, Rissen und Wölbungen gesäumt sind. In die größten der Löcher hätten wir leicht zweimal mit unserem Roller hineingepasst. So hat Beni sich stets auf den Schlagloch-Slalom konzentriert, während Lisa die Navigation und das Ausschauhalten nach Sehenswürdigkeiten und Fotospots übernommen hat.

Nun kommen wir zu unserem „fast“, von dem wir im vorangegangen Text geschrieben haben. Eine unserer Fahrten war nämlich wirklich grenzwertig. Eigentlich wollten wir nur kurz zur Blue-Hole-Mineral-Spring fahren, einem unterirdischen Naturpool mit heilendem Schlamm. Leider war die eigentliche Straße aber nicht befahrbar und die Umleitung nicht ausgeschildert, so dass wir mal wieder planlos einfach der Nase lang gefahren sind, in der Hoffnung, irgendwann dort anzukommen.

Nachdem uns schon ein paar Feldarbeiter mit ihren Macheten nachgewinkt hatten, standen wir plötzlich vor einer Straßensperre mitten im Nirgendwo, umringt von fünf Polizisten, die mit Maschinengewehren im Anschlag auf uns zu kamen. Wir können dir gar nicht beschreiben, was wir in dem Moment gefühlt haben. Unsere Herzen rasten wie wild. Der offensichtliche Befehlsführer der Truppe wollte wissen, warum wir hier seien, wo wir hinwollten und warum wir selbst mit dem Roller fahren.

Letztendlich war er glücklicherweise mit unseren Antworten und der kurzen Vorlage unserer Reisepässe zufrieden und lies uns durch. Das unwohle Gefühl verließ uns aber den ganzen Tag nicht mehr so richtig. Über Wurzeln und Steine, durch Wald und über unbefestigte Schotterstraßen sind wir am Ende zwar sicher, aber auch schweißgebadet am Ziel angekommen. Was waren wir froh, auch wenn wir mit Schrecken feststellten, dass um den natürlichen Pool eine künstliche Poolbar gebaut wurde, die die Naturidylle leider vollkommen versaute.

Blue Hole Jamaika

Zu noch weiter entfernten Zielen haben wir uns nach diesem Erlebnis dann doch fahren lassen (Ja, es widerstrebte uns, klein beigeben zu müssen, das kannst du glauben.). Aber, wir geben zu, dass es durchaus Vorteile hatte, sich fahren zu lassen. Wir haben von all unseren Fahrern eine Menge an Informationen erhalten und Geschichten aus deren Leben erfahren. Und außerdem unsere Liebe zum Zuckerrohr entdeckt.

Unsere jamaikanischen Highlights… und auch die aller anderen Touristen:

In den zwei Wochen unserer Jamica-Rundreise haben wir viel erlebt und noch mehr gelernt. Hier geben wir unsere 6 Highlights preis:

Jerk Chicken

Eine der jamaikanischen Spezialitäten ist, neben Ackee & Saltfish, die Jerk-Marinade, die jede Familie nach eigenem Rezept anrührt. Das mit Abstand beste und schärfste Hühnchen, das Beni jemals gegessen hat (Lisa ist seit vielen Jahren Vegetarierin), gab es an einem kleinen Stand in der Boston Bay zusammen mit einer Brotfrucht direkt aus dem Feuer.

Barbecue Jamaika

Am Strand auf Jamaika

Jerk Fest Jamaika

Croydon In The Mountains

Was ursprünglich nach einer nur möglich spannenden Tour klang, entpuppte sich letztendlich als überaus interessanter Trip in die Berge zu einer der größten Kaffee- und Ananas-Plantagen. Wir durften die vielen verschiedenen Ananasarten und Zitrusfrüchte probieren und bekamen den berühmte Blue-Mountain-Coffee frisch gebraut.

Ananas Plantage Jamaika

Jamaikanische Ananas Sorten

Blue Mountains Jamaika

Kolibris füttern

Auf dem Weg zur Plantage haben wir eine kleine Abzweigung genommen und an einer Hütte gehalten, wo sich alles um Kolibris dreht. Die beiden jungen Männer (mit dickem Joint im Mundwinkel) haben uns zunächst über das Grundstück geführt und uns über die vorhandene Pflanzen- und Tierwelt aufgeklärt. Nachdem wir ein Fläschchen Honigwasser in die Hand bekamen und einige Minuten gespannt mit ausgestrecktem Zeigefinger warten mussten, kamen die Kolibris tatsächlich angeflogen und haben sich zum Trinken auf unseren Fingern niedergelassen.

Kolibri Füttern

Black River

Nach einer langen Autofahrt sind wir in ein kleines Boot umgestiegen, das uns immer weiter flussaufwärts in das Reich der Alligatoren gebracht hat. Die Größe und Agilität der Echsen hat uns sehr beindruckt, aber ein bisschen gruselig war es dann doch, die riesigen Tiere zum Anfassen nah an unserem sehr wackeligen Boot im braunen Sumpfwasser zu sehen. Die Bootsan- und Ablegestelle war natürlich gesäumt von Verkäufern und Souvenirständen, aber zwischen viel Krimskrams haben wir einen wunderbaren Holz-Kolibri gefunden, der seit unserer Rückkehr unser Regal ziert.

Black River Crocodile Jamaika

Wasserfälle

An Wasserfällen mangelt es auf Jamaika nicht. Und dann sind die allesamt auch noch mehr als beeindruckend. Dementsprechend ist natürlich auch der Andrang gerade in den heißen Monaten enorm. Beispielsweise wandern massenhaft Touristen und Einheimische zu den kühlen Pools der Reach Falls, wo sie nicht nur baden, sondern riesige Familien-BBQ-Picknicks veranstalten. Mit lauter Reggae-Musik und Jerk-Chicken versteht sich. Wenn du dieser Feiermenge entfliehen möchtest, kannst du aber leicht ein Stück weiter nach oben steigen, wo du wunderbar ruhige Bademöglichkeiten findest, die vom saftigen Grün des Regenwaldes umgeben sind.

Die wahrscheinlich bestvermarktetsten Wasserfälle sind allerdings die Dunn`s River Falls, die im gleichnamigen Park liegen und dementsprechend auf den ersten (und leider auch auf den zweiten) Blick sehr unnatürlich wirken. Sieht man aber von der den Wasserfall umgebenden Verkaufsfläche und den Besuchergruppen ab, die grölend Hand-in-Hand die Kaskaden hochsteigen, ist es hier wirklich schön, auch wenn der Traum vom einsamen Wasserfall im Dschungel maximal weit entfernt ist.

Ricks Café

Das berühmte Café ist DER Klassiker in Negril und nicht zu übersehen. Neben den weltbekannten Klippenspringern wartet hier der wohl schönste Sonnenuntergang Jamaikas.

Ricks Cafe Negril

Sonnenuntergang Jamaika

Die Blaue Lagune

Unser Hotel nahe Port Antonio lag mitten im Urwald an der Blauen Lagune (hier wurde auch der gleichnamige Film gedreht). Mit einem Kajak konnten wir die Bucht erkunden und uns auf Monkey Island (leider ohne Affen) am Strand ausruhen. Das Highlight aber war unser Baumhaus, in dem wir uns nachts wegen der vielen Tiergeräusche wirklich gefühlt haben, als würden wir mitten im tiefsten Dschungel schlafen. Ein wundervolles Erlebnis! Zudem wurden wir auf all unseren Reisen kaum so sehr gehegt und gepflegt wie dort. Die niederländische Hotelleiterin kredenzte uns zweimal täglich traumhaftes Essen mit Ausblick über die ganze Lagune.

Hotel an der Blauen Lagune

Jamaikanische Probleme

Neben den schon genannten kleineren organisatorischen Schwierigkeiten gibt es auf Jamaika vor allem ein großes Problem: Müll. Das liegt zum einen natürlich an den fehlenden Entsorgungsmöglichkeiten. So landet grundsätzlich alles im Wald oder im Straßengraben. Zum anderen aber fehlt es, wie so oft, auch am Verständnis und der Aufklärung. Selbst Familien, die mit ihren Kindern die öffentlichen Strände besuchen, lassen am Ende ihres Ausflugs ihren ganzen Müll einfach liegen, nur um am nächsten Tag neben dem alten Haufen erneut ihr Lager aufzuschlagen.  Uns hat das die Meeresfreude zeitweise ganz schön vermiest, da half es auch nicht, dass es private Strände gab, für die bis zu 10 $ Eintritt verlangt wurde.

Nicht nur wir, sondern alle sollten deshalb gerade auch in anderen Ländern besonders auf die Entsorgung ihres Mülls achten, damit nicht auch die schönsten Plätze der Welt irgendwann unter einem Müllberg verschwinden.

Warst du auch schon auf Jamaika und hast eigene Erfahrungen gesammelt? Dann lass uns in einem Kommentar wissen, wie dir die Heimat Bob Marleys gefallen hat.

Merken